Die Zeit am Abend

Die Zeit am Abend wenn ich zu Bett gehe, noch bevor ich einschlafe, ist meine Zeit der Wachträume. Ich denke nach über den Tag und rutsche dabei in eine wie automatisch ablaufende Kinovorstellung. Ich nenne dies mein Kopfkino.
Immer wieder kommen dabei wiederkehrend Signale aus dem Leben, ich bezeichne sie als die Schritte der Wirklichkeit, die meine erlebten Traumgeschichten begleiten und den Anschluß an die Realität erhalten.

31. Oktober 2012

Seid ihr alle da – unmöglich gleichzeitig




In meinem Kopfkino wechseln sich Erinnerungen an mein eigens Erleben und persönliche Begegnungen aus der Wirklichkeit ab.

Durch die Schritte der Wirklichkeit hindurch vernehme ich bekannte Stimmen, es ist als ob sie mich wie aus einem Mund rufen; und da sehe ich sie auch schon – meine? Familie. Alle sind sie da, vereint und einig wie sie es nie im realen Leben gewesen sind, Junge und Alte, Reiche und die armen Verwandten, Verstorbene und noch nicht geborene. Wie kann das sein? Alles gewesene, ob Uneinigkeit oder verschwörendes Handeln, ob  Liebe oder Hass scheint ausgelöscht, als sei es nie real gewesen.

Uroma mir Urenkel, die sich nie kennen gelernt haben, Opa mit Vater, Sohn und Mutter. Jeder der in meinem Leben mir irgendwann begegnet ist oder bekannt gemacht wurde durch Erzählungen und mir irgendwie zur Seite stand, alle werden gerade jetzt vor mir sichtbar. Onkel und Tanten, Neffen und Nichten, Brüder und Schwestern mit Freunden oder Ehepartner oder den Ex, Schwäger und Schwägerin.

Und ein dreifaches Erkennen – wie geht das? Da sehe ich meine „Zukünftige – Ex“ als Kind und Teenager, unverkennbar ist sie es und wird es doch erst werden, dort steht sie neben mir – an meiner Seite und nun ist sie meine Frau, immer noch unverkennbar, gealtert zwar und sie verwandelt sich immer mehr in das Bild ihrer eigenen Mutter, wieder hat sie dieses Lächeln, gepaart mit einem ganz besonderen Ausdruck in ihrem Gesicht. Jetzt nach der Trennung sehe ich wieder in ihrem Gesicht diesen ganz besonderen Ausdruck und erkenne, dass dieser wohl immer gleich war.


Im Grübeln darüber, was ich daran nun begreifen sollte, verändert sich das Bild wieder und es erscheinen lachende, spielende Kinder, sind  es meine eigenen, mit großen Augen schauen sie mich an, bis sie wie verwandelt mit einem mal groß und erwachsen, ihres Weges ziehen. Ich sehe sie alle und erkenne sie in dem Moment, als sie sich mir in die Wirklichkeit hinein entziehen, weiterziehen.

Die Wirklichkeit die wirklich und stetig ihren Schritt als ein Signal mir zu senden scheint:  KLACK – KLACK, KLACK – KLACK…

12. Oktober 2012

Werbung? – Teil 3



An einem regnerischen Sonntagmorgen im Spätherbst, als die Windböen draußen mit den bunten Blättern kriegen spielten und einige besonders widerstandsfähige sich an ihren Ästen festzuklammern schienen, lag ich in meinem Bett und ließ meine Gedanken an dem Spiel des Windes teilhaben. Unmerklich zogen meine Gedanken zu den unterschiedlichsten Szenen, mal zu einer sonnendurchfluteten Seenlandschaft, dann wieder in eine große Einkaufsstraße, in der einige Menschen hektisch von einem Geschäft zum nächsten hasten um dem grauen Wetter auszuweichen.

Sonnenuntergang am Flughafen DUS


Auch ein Blick auf eine weitläufige Landebahn eines Flughafens im Morgengrauen mit den blinkenden Positionsleuchten und der untergehenden Mondsichel am Horizont war in diesem kuscheligen Bett eine Wonne. 


Immer dabei am rechten Rand der Szenen ist ein Kopf mit kurz geschnittenen Haaren, nur von hinten zu sehen, aber nach kurzer Zeit erkenne ich den Kopf des Kindes. Eine Stimme die leise spricht: „Aber die Frisur sitzt!“

Eine schnelle Überblendung und in der nächsten Szene sehe ich den Kleinen im Bett liegen. Erst dachte ich, er schliefe noch, doch bald erkannte ich, dass er sehr wach ist und ich fragte mich, warum er, der doch in anderen Szenen so quirlig und lebendig schien, nun fast apathisch und unbeweglich daliegt. Er rief etwas, und selbst dabei bewegte sich nur sein Kopf etwas, und die Frau kommt an sein Bett, streicht ihm beruhigend über den Kopf, redet auf ihn ein. Dabei weist sie mehrmals auf die Eingangstüre, wobei sie die Bettdecke wegschiebt. 
Was ich dort sah, versetzte mir einen Schrecken. Der Knabe war soweit ich das sah, vollständig eingegipst, von der Brust, über den Bauch ebenso wie beide Beine. Die Arme konnte er noch bewegen, ansonsten jedoch nichts mehr. Zwischen den Beinen war in dem Gips ein größeres Loch vorhanden, damit er über die dort liegende Flasche, seine Notdurft befriedigen konnte. Die Frau nahm die Flasche weg und ging um sie zu entleeren. Dem Kleinen, der nun eingegipst (aber doch entblößt) da lag, sah ich die Ungeduld mit seinem jetzigen Zustand an. 
Es war ihm unendlich langweilig, alle möglichen Spiele hatte er schon gespielt um sich abzulenken. Größere und kleinere Legobausteine hatte er um sich herum, doch was wird im laufe von 8 langen Wochen nicht langweilig, wenn man so sehr in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt wird. Die wöchentlichen Besuche des Arztes, der sehr aufmerksam den Gesundheitszustand und die Entwicklung der Gesundung beobachtet und bei jeder kleinsten Komplikation eine wirksame Behandlung durchführte, war eine der wenigen interessanten Abwechslungen, die auch immer mit der Hoffnung verknüpft waren, zu erfahren, wann denn der Gips abgemacht werden könnte. 
Auch andere Besucher kamen vorbei, die Erwachsenen sahen sich scheinbar immer mitfühlend den wie mumifiziert aussehenden Körper oder vielmehr den Gipsverband an, doch lange hielten sie sich damit nicht auf und wenn ihr Interesse an dem Leiden des Kleinen gestillt war, sprachen sie ein paar gut gemeinte Worte, unterhielten sich dann aber mit der Frau, versprachen nach einer Tasse Kaffee, bald wieder zukommen und verschwanden. Da war der Besuch von den Verwandten mit ihren Kindern schon besser, beim Spielen vergingen die trüben Gedanken und die Zeit und wenn diese auch nach kurzer Zeit wieder gingen, so war es doch eine Abwechslung und ich konnte sehen, wie er sich darüber gefreut hat. Viele der Besucher strichen dem Kind tröstend über den Kopf, dabei hörte ich immer wieder: „Aber die Frisur sitzt!“

Auch ein Pastor der Gemeinde kam und beschäftigte sich eine ganze weile mit dem Buben. Die Geschichten die er ihm erzählte, hatten immer einen Bezug zur Bibel und zu Gott, der sicherlich ihn in seinem Gipsbett sah und die Heilung fördere. Zum Schluss betete der Pastor noch und dann war auch dieser den Kleinen sehr beeindruckende Besuch vorbei.

Nach 8 Wochen kamen die Sanitäter wieder und trugen das Kind die 4 Etagen herunter und fuhren ihn im Krankenwagen zur Arztpraxis, dort wurde der Oberteil des Gipses aufgeschnitten und entfernt und weitere Röntgenaufnahmen zeigten eine Besserung, aber keine endgültige Heilung, so dass eine weitere Zeit nunmehr in der unteren Schale des Gipsbettes notwendig schien. 
Erst nach weiteren Wochen waren die Hüftknochen soweit verheilt, dass ein Belasten und damit Bewegen möglich war. Viele Wochen später und viele Stunden mit physiologischer Behandlung und Übung, wurde klar, dass nur minimale Einschränkungen bleiben würden.

Mit den Schritten, die der Junge nun wieder lernen musste, kam auch bei mir an jenem Sonntagmorgen die Schritte der Wirklichkeit an, die mich zurück holten und den Rest des Sonntags mit der guten Erinnerung an diese doch gut ausgegangene Geschichte, zurück lies.
Da hörte ich es wieder:
„Aber die Frisur sitzt!“
Und die Schritte: Klack – Klack, Klack – Klack.
 

28. September 2012

Werbung? – Teil 2




Als ich viel später in einer dieser halbwachen Traumphasen die beiden Bilder wiedersah, konnte mich dass dazugehörige dritte Bild nicht mehr überraschen. Mit dem Blickwinkel auf das schmerzverzerrte Gesicht des Kleinen begann eine Zoomfahrt zurück in die Totalansicht. Zunächst sah ich das Gesicht dann den Oberkörper, über den ganzen Körper weiter und zuletzt einen großen Raum mit zwei ganz in weiß gekleideten Menschen. Ziemlich bald wurde mir klar, dass dort eine ärztliche Untersuchung stattfand.
Sofort sah ich in dem Bild die Worte aus der Werbung über der Szene:

„der Arzt dem das Kind vertraut.“

Unterhalb dieses Werbebanners war das Kind völlig ausgezogen und im begriff mit Hilfe der Kranken­schwester sich auf den Röntgentisch zu legen. Vorsichtig half sie ihm, sich auf den kalten Tisch niederzulassen, sie hob das rechte Bein mit an, damit diese Bewegung für den Patienten nicht zu schmerzhaft würde. Sodann glitten ihre helfenden Hände zum Rücken und zum Kopf und halfen ihm, sich zurück zu lehnen und auch den Oberkörper auf den Röntgentisch abzulegen.

Dieser große Apparat schien dem Jungen mehr zu interessieren als Angst einzuflößen, und wenn die Schmerzen beim Bewegen nicht wären, hätte er in seiner kindlichen Neugier sicher den Apparat näher in Augenschein genommen. Das Hinlegen ging noch recht gut von statten, jedoch als der Doktor die Belichtungseinheit von oben auf den Jungen herab senkte und begann den kindlichen Körper in die richtige und notwendige Lage zu drehen, waren die Schmerzen für den Kleinen doch zu groß, und er jaulte mehrmals auf. Aufgrund der beruhigenden und tröstenden Worte und des Streichelns über den Kopf gelangen dann auch die Röntgenbilder.

Die Krankenschwester half dem kranken Kind wieder vorsichtig von dem Tisch herunter und legte ihm eine Jacke um die Schultern, damit er in der Zwischenzeit, in der der Arzt seine Diagnose stellte und überprüfte, nicht friert.

Eine Diagnose, die in der retrospektive für den von Schmerzen gepeinigten Jungen eine lange Zeit unangenehme Folgen durch die notwendigen Behandlungen haben würde. Vielleicht ein Glück für ihn, dass er das zu dem Zeitpunkt nicht wissen konnte und ihm das von dem Arzt in sehr schonender Weise erklärt wurde.

Wieder leuchtete das Banner mit den Worten aus der Werbung auf:

„der Arzt dem das Kind vertraut.“

Die vorsichtigen Schritte des Kindes, zurück in das Umkleidezimmer der Praxis, gingen in den sicheren Schritten der Krankenschwester unter. Diese brachten mich nun auch wieder in die Wirklichkeit zurück mit der festen Zuversicht der Linderung und Heilung. Sie klangen in meinem Kopf beruhigend und weniger hektisch:
Linde–rung, Hei–lung. Klack – Klack, Klack – Klack

...

13. September 2012

Werbung? – Oder was?



Was beim ersten Auftauchen als eine einfache Erinnerung an ein Erleben erinnert, das längst vergessen war und auch keine Wichtigkeit für das Leben enthalten zu haben scheint, wird erst in weiteren Träumen durch zusätzliche Bilder bewusster und neben dem Erinnern in einem größeren Kontext wird einem die Dramatik und die Auswirkungen auf das ganze Leben vor Augen geführt.

Einmal hatte ich ein Dia auf der großen Leinwand meines Kopfkinos, das ich als eine schöne Szene und ein gut komponiertes Bild erstmal nicht als besonders wichtig begriff.

Ein Junge spielte auf einem Hinterhof, recht vergnügt mit einem Ball. Im Hintergrund war ein kleiner Bereich abgeteilt auf dem allerlei angepflanzt war. Große Büschel mit Rhabarber, deren rote Stängel zeigten, dass sie reif waren. Daneben in der Reihe kamen die Möhren heraus, das Grün noch ziemlich klein und noch nicht zum Ernten bereit. Etwas weiter noch mehr Reihen mit grünen Büscheln, zwischen denen es rot hervorblitzte, es waren Erdbeeren, die die ersten fertigen Früchte trugen. Einige Blumen standen in einem der Beete in voller Pracht, dazwischen zwei Bäume und dahinter mehrer Reihen auf denen die Ernte schon eingeholt wurde, die rundeten den Hintergrund ab.


Im Vordergrund ein Rasen, der im Schatten der Bäume liegt und auch dadurch ein besonders kräftiges Grün hat, auf dem der Junge in seiner kurzen Lederhose und einem bunt gemusterten Hemd einen zufriedenen Eindruck macht.
Das Bild auf der Kinowand erschien mir durchaus eine wunderschöne Idylle und Lebensfreude auszustrahlen, welche durch nichts bedroht schien.


 In einem anderen nächtlichen Traum, sah ich dieses Bild erneut, aber diesmal veränderte es sich schon nach kurzer Zeit. Das Bild wurde dunkler und ich wunderte mich warum alle Farben verblassten und ich nun ein sehr altes verblassendes schwarz – weiß Bild oder ein Dia sah. Aber neben der Abwesendheit der Farbe fielen mir beim genaueren betrachten auch weiter Änderungen auf. Das Kind lief nicht mehr herum, sondern stand eigenartig verrenkt still da. Der Ball lag unbeachtet in einer Ecke. Das Gesicht des Buben sah schmerzverzerrt und starr aus, und er hielt beide Hände an die rechte Seite.


Nach einer kurzen Zeit kam wie durch eine Überblendung von einem Dia auf das Nächste eine weitere wesentliche Veränderung zustande. Der Junge stand unverändert, war aber nun nicht mehr allein. Zwei Frauen waren herbei geeilt. Die eine Frau, die mit den schwarzen Haaren, kniete direkt neben ihm und sah ihn fragend an. Ihre linke Hand lag auf der Schulter des Buben und mit der Rechten fasste sie an die Hüfte, von wo aus sie versuchte die Hände des Knaben beiseite zu schieben, so dass sie nachsehen und fühlen könnte, woher der Schmerz wohl käme oder sie wollte damit, das die Wärme ihrer Hand die Schmerzen abklingen lassen. Die alte Dame, die sehr vornehm, sehr weise, zierlich, klein und gebrechlich aussah, stand mit nur wenig Abstand daneben und schien nicht zu wissen was zu tun sei, insgesamt wirr aber äußerst interessiert sah sie das Kind und die wesentlich jüngere Frau und die Szene die sich vor ihren Augen abspielte an. In ihrer Hilflosigkeit schien sie aber ständig irgendwelche Ratschläge zu erteilen.

Wie bei der Werbung üblich, erwartete ich an dieser Stelle den distinguierten Herren im dezenten dunklen Anzug, der anmerkt: 

„Wir Wissen nicht welche guten Ratschläge die liebenswerte alte Dame aus ihrem reichen Wissen an guten Sprüchen empfiehlt“.


Wir aber empfehlen  „Total“ welches immer sehr gute und schnelle Ergebnisse bringen würde, wenn es gälte ein schönes Foto oder ein Video welches seine Farbe und Idylle verlöre, wieder zu dem mache, was es vorher war. Völlig Risikofrei und garantiert ohne Nebenwirkungen. „Total“ das Mittel ihrer Wahl.


Aber wie des Öfteren; Traum und Wirklichkeit passen nicht übereinander. Die beiden Bilder mit ihren Eindrücken blieben eine Weile stehen um dann zu verblassen, oder ausgeblendet zu werden und ließen mich zurück um auf die Auflösung des Rätsels neugierig zu warten.


Die Wirklichkeit kann ja manchmal so hart und ungerecht sein und so kam an dieser Stelle weder ein Wachsoldat der aufpassen soll, dass nichts schlimmes passiert, noch eine Krankenschwester, die zum Gesunden der Patienten beitragen soll, vorbei. Sie stürzte über mich herein, die Wirklichkeit und wirkte unvermittelt auf mich ein. Kein Schritt, kein Laut, nur plötzlich und erschreckend.

...

30. August 2012

Freundliche Männer? Ganz aus dem Dunklen!




Alles was ich in dieser Schwebewelt erlebe, macht mich ruhig und lässt mich wünschen, dass es nicht, zumindest nicht so schnell, vorbei geht. Mit der Sicherheit im Rücken ist diese leichte Welt so wunderbar einfach, so unkompliziert. Alle Erinnerungen dauern nur grade so lange, wie nichts unpassendes, bedrohlich – gefährliches oder unangenehmes dazu kommen könnte.

Eine Reihe von Menschen zieht an mir vorbei, immer wieder von vorn, wie in konzentrischen Kreisen oder wie eine lebende Spiralitas. Jeder der nacheinander mir nahe kommt, scheint freundlich zu nicken oder zu winken. Noch ist die Reihe der Männer insgesamt zu weit entfernt, als dass ich schon jemanden klar und eindeutig erkennen könnte, aber ich sehe deutlich ein Näherkommen und einzelne Personen die ich anhand ihrer unverkennlichen und einzigartigen Gestalt zu erkennen glaube. Alle jedoch die ich aus dem Dunklen der Ferne herauskommen sehe, sind mir wohl gesonnen, ob sie einen jugendlichen Eindruck oder scheinbar alt und dadurch noch freundlicher wirken.

Der Erste in der langen Reihe kommt mir nahe und ich glaube einen alten Freund, noch aus den letzten Schultagen zu erkennen. Dieser lange hagere, wie heißt er noch gleich, in dem Augenblick in dem er grüßend die Hand hebt und an mir vorbeigeht, kommt mir ein Name in den Sinn, ohne jedoch eine Bestätigung zu finden. dann weiß ich jedoch sofort, dazu gehört doch der Dicke, die beiden waren doch unzertrennlich, ja und dort sehe ich ihn auch schon, direkt dahinter, so wie früher sind sie gemeinsam unterwegs.

Doch sobald das Erkennen geschieht ist der Schulfreund vorbei und verschwunden; wie es im Leben bei so manchem dieser Freunde ja auch war. Immer mehr der Jugendfreunde erkenne ich, Rolf, Wolfgang, Holger und Jürgen, ach, an alle Namen kann ich mich nicht mehr erinnern, und sobald die Freunde  an mir vorbei sind, sind die Namen auch schon wieder vergessen und Vergangenheit.

Die Reihe wird immer kürzer und mir scheint, dass die übrig gebliebenen die Freunde von heute sind. Im Näherkommen erkenne ich jeden einzelnen und der Gedanke kommt mir in den Sinn und in der Erinnerung, wie weit jeder von ihnen ein Freund in der Not ist, oder nur bei Sonnenschein die Freundschaft mehr oder weniger sich erhält. Die Erinnerung entschwindet mit jedem der an mir vorbei und aus meinem Blick geht.

Noch bevor die Reihe ganz zu Ende ist, sehe ich in einiger Entfernung eine neue Reihe, nein es scheint doch mehr ein Haufen, eine Ansammlung von Menschen die sich wohl nur zufällig in mal in meine Richtung sich bewegen und dann wieder von mir fort, mal nach links mal nach rechts, so als suchten sie etwas.

Ein letzter Freund bleibt kurz bei mir stehen, ich sehe ihn an und erkenne seine guten Gedanken, auch seine Sorgen um mich und seine Hilfen. Ja, ich weiß, noch bevor er gegangen ist, dies ist er, ein guter Freund, der gute Freund, von dem es heißt „in der Not gehen 1000 auf ein Lot“. 

Ich sehe ihn und höre seine Schritte, die wie im Gleichschritt mit der Krankenschwester auf dem Flur der Wirklichkeit für mich die wirkliche Sicherheit bedeutet. KLACK – KLACK, KLACK – KLACK…

26. August 2012

Freunde, Familie – freundlich ?



Nun spüre ich mit einem mal, noch bevor es sich vor mir zu erkennen gibt, die Nähe und Freundlichkeit, Wärme  und Liebe, die ich immer dann verspüre, wenn ich mit der Familie oder guten Freunden zusammen bin. Und tatsächlich scheinen sie alle mit einem mal bei mir zu sein. Noch kann ich nur schemenhaft viele Menschengestalten quasi erahnen, doch die Menge kommt mir entgegen, freundlich lächelnd, mit ausgestreckten Armen und Händen, ein freudiges Lachen oder zumindest ein wohlwollendes Lächeln auf dem Gesicht.
Dort kommt ein alter Sandkasten – Spielgefährte gleichsam als Bote aus Kleinkindertagen, ein kurzer Blick genügt um gleichzeitig zu erkennen und erinnern an Förmchen tauschen, oder auch streiten, und fangen spielen.

Doch zu flüchtig der kurze Augenblick, schon sind Andere in meinem Fokus und das Weiterziehen geschieht gleichzeitig und unmerklich.
Da kommt sie, meine heimlich Verehrte, aus der dritten Klasse, hier zeigt sie mir einen Moment lang dieses besondere Lächeln, dass gleichzeitig Wissende wie geheimnisvoll Verheimlichende.

Dann schiebt sich das Bild der Lehrerin in den Vordergrund, die, die dominant und bestimmend, so fordernd und erhellend Wissend war, scheint jetzt und hier nur noch wohlwollend und freundlich auf mich zu zukommen.

Die mit großem Hallo und Lachen heranstürzenden Jungen, es sind die Kumpel und Freunde mit denen ich in Wald und Spielplätzen herumgezogen bin, die immer eine Dummheit mehr im Kopf als ich hatten.  Ich sehe uns Fußballspielen wobei ich die Szene mit kleineren Verletzungen noch sehr real erlebe, oder Mädchen ärgern, auch das Versteckenspielen auf einem Firmengelände zwischen großen Stapeln von Holz, oder wie durch einen Zeitsprung Party feiern und Kneipenbesuche.

Seltsam das sie alle wie durch mich hindurch hinter mir verschwinden, wo nur die Wirklichkeit ist, wobei sie mir zu sagen scheinen: „Nicht jetzt und hier, wir treffen uns in der Wirklichkeit noch einmal.“

Von dort höre ich auch wieder das: KLACK – KLACK, KLACK – KLACK…

22. August 2012

Rassen oder Gruppen, alles nur einzeln


Ohne äußerlich irgendeinen Halt zu verspüren, schwebend, als wäre ich körperlos, bin ich in einer Sicherheit und Leichtigkeit, wie ich sie noch nie so intensiv empfunden habe.

Was in meiner unendlichen Vorstellung sich wie real abspielt, ist mir so fremd und doch erscheint mir alles so sehr vertraut und bekannt, als sei dies nur eines von vielen malen, die ich dieses einmalige und erstmalige Erlebnis miterleben würde.

Die Menschen denen ich noch eben begegnet bin, waren mir unbekannt, wobei ich glaubte ihre Zugehörigkeit zu bestimmten Volksgruppen oder Religionsgemeinschaften zu erkennen.

Die Frau – aus Mexico, die Musikanten – aus Russland,  das Kind mit dem Kätzchen, hatte es nicht diesen chinesischen Gesichtszug? Waren die Muslime nicht scheinbar direkt aus der Moschee mir entgegengekommen? Oder die orthodoxen Juden mit ihren Schläfenlocken, die betend an mir vorbei zogen, gleich nach der Prozession der buddhistischen Mönche und noch vor den Wallfahrern aus Oberbayern. Immer war in dem Erkennen eine sofortige Änderung zu erleben.

Gerade glaubte ich den Dalai Lama zu erkennen als sich das Bild in eine sechsarmige indische Gottheit verwandelt um sogleich sich in eine afrikanischen Elefanten zu materialisieren, auf dem ein schwarzer Medizinmann durch den Dschungel ritt, der aussah wie der Papst in schwarz.

So wie die Schritte des Elefanten erklingen, vergewissere ich mich, ja die Schritte sind noch immer hinter mir, deutlich höre ich ihren beruhigenden Rhythmus: KLACK – KLACK, KLACK – KLACK…

18. August 2012

Von überall her kommen sie, oder gehen


Mit einemmal sind da um mich herum diese Gestalten, Tiere und Menschen, scheinbar Gesichtslos oder Körperlos. So nah, so vertraut, doch schemenhaft und nicht aufzuhalten, sind sie bei mir und doch unterwegs, zu mir hin und zugleich von  mir fort. Mein Schwebezustand bringt mich zu ihnen und zugleich zieht es mich zu der nächsten Gestalt, hier ein Hund, oder eine Katze? Dort eine junge Mutter oder doch eine OMA, da ein Pferd oder ist es eine Kuh?
Der Steinadler, den ich majestätisch am Himmel sehe, ausgebreiteten Schwingen mit unverkennbar großer Spannweite halten ihn einen Augenblick reglos in der Luft, bevor er sich mit enormer Geschwindigkeit zu mir herunterstürzt. Das seine Größe dabei förmlich zusammen schmilzt und er, als er bei mir landet noch die Form und Farben, ebenso wie die Größe und die Stimme eines Wellensittichs hat, verwundert dich nun auch nicht mehr.

Ich glaube etwas zu erkennen und schon zerfließt das Erkannte zu etwas Neuem, wie Eisfiguren in der Mittagshitze der Wüste.

Das Rufen meiner Stimme verhallt dabei wie ungesagt und ungehört. Kein Stillstand, kein Verweilen. Ein Huschen und hetzen, langsam und doch unaufhaltsam. Woran ich mich erinnert fühle, es ist nicht greifbar und unstetig.

Nur die Schritte sind wirklich, oder? : KLACK – KLACK; sie scheinen zu sprechen: „Sicher—heit, Geborgen—heit“; KLACK – KLACK…

11. August 2012

Hineingezogen in das Wachtraumland

Wie im Kino, auf einer Großleinwand oder wie auf einem Großbildschirm scheint vor mir ein Film oder Video zu laufen, oder bin ich mitten in einer Aufführung auf einer Bühnen?

Unscharf tauchen Landschaften vor mir auf; Berge und Täler, Wiesen und Wälder, Bauernhöfe und Schlösser, Dörfer und Städte tauchen vor mir auf. Immer wenn sie mir nah genug sind, wenn sie klarer und erkennbarer werden, so dass ich glaube sie zu erkennen, verschwinden sie und machen einem anderen Bild, das zunächst ebenso unscharf wirkt, platz. Immer wenn im ersten scharf werden ein Erkennen, ein Erinnern beginnt, verschwindet das Bild.

Die Landschaften werden wie im Zoom immer enger, und wie bei einer solchen Zoomfahrt durch eine Gegend treten Einzelheiten hervor, die bisher so nicht wahrgenommen wurden.

Ein See, ein Bach, eine Wiese, ein Weg, ein Haus. Auch hier kommt meine Erinnerung, ganz kurz; an einen Urlaub, einen Spaziergang, ein Badeausflug. Doch sobald ich verweilen will, um die Erinnerung zuzulassen, geht es weiter.

Eine Stadt, der Ortseingang, eine um die andere Straße, kleine und große Kreuzungen, Haus nach Haus, eine Kirche, eine Kneipe, ein Rathaus, eine Post, ein Sportplatz, ein Vorort zunächst mit Hochhäusern dann  Mehrfamilienhäuser, Reihenhäuser, einige Villen. Da und dort – dass kenn ich – doch schon vorbei.

Ich schreite durch die Bilder in meinem Kopf und immer wieder höre ich die Schritte: KLACK – KLACK, KLACK – KLACK…

2. August 2012

Freiwillig, aber ohne eigenen Willen

Wie ich so durch Raum und Zeit zu schweben scheine, ohne etwas zu sehen oder zu hören, bricht es mit Urgewalt wie ein Säuseln über mich herein. Wie eine Welle am Ufer, gleichzeitig kraftvoll und sanft. Sie erfasst mich, um gleich um mich herum auszulaufen und zurück zu weichen.

Wie vorwärts getrieben schwebe ich nun durch den Raum, oder stehe ich still und der Raum um mich herum bewegt sich?
Meine Gedanken, mein Wollen und mein Handeln sind wie abgeschaltet. Gerade noch wollte ich Nachdenken:
„Warum       Wozu?“
doch das ist vorbei und es macht mir nichts aus. Ein flüchtiger Gedanke
„Was nun?“,
doch kaum beginnt er sich in meinem Kopf zu formulieren, ist er auch schon wieder vorbei und kaum eine Erinnerung daran bleibt zurück.

In dem Moment wo ich mich scheinbar umdrehen will, um nach der Wirklichkeit zu sehen, sehe ich vor mir ein Licht aufglimmen, schwach noch, wie unendlich weit entfernt, so als ob jemand den Dimmer angedreht hätte, aber erschrocken vom Aufglimmen der Lampe, sofort den Drehknopf losgelassen hat.

Doch ohne das ich Zeit und Raum durchmessen hätte, also fast gleichzeitig, bin ich bei diesem Licht, oder vielmehr mittendrin, umflutet vom sanften Schein, hell doch nicht grell, davor und mittendrin.

Ich höre schon wieder die Schritte, gleichmäßig, eindringlich: KLACK – KLACK, KLACK – KLACK…

30. Juli 2012

E i n l e i t u n g

Momente der Leichtigkeit



Ich liege in meinem Bett, nicht wirklich müde doch eigentlich ist Schlafenszeit.

Real und doch unwirklich lausche ich auf die Geräusche. Ist das Wummern nun eine entfernt laufende Musik aus der Wohnung eines Nachbarn oder aus einem vorbeifahrenden Auto?

Ist das Rauschen denn jetzt das Blut in meinem Kopf oder  die Klospülung des Nachbarn?

Mitten hinein in meine Gedanken fühle ich plötzlich ein Schweben; ich bin, so scheint es, gleichsam in mir und über mir. Diese Leichtigkeit in und außerhalb der Realität gibt mir ein warmes, wohliges, ja ein freundliches Gefühl. Ich spüre die Wirklichkeit, als sei sie hinter mir in meinem Rücken, als laufe sie wie ein Wach – Soldat auf Streife oder eine Krankenschwester auf dem Flur des Krankenhauses auf ihrer Runde.

Beschützend und Bedrohend zugleich, so als wolle sie mir sagen: „Hier nicht weiter – zurück – STOP“; doch gleichzeitig: „Bin bei dir – alles OK!“

Wie in einem großen und leeren Raum kann ich in der Dämmerung noch nichts erkennen. Erahnen kann ich die anscheinende unendliche Größe des Raumes, deren Begrenzungen ich nicht sehen kann.

Nur die Schritte kommen langsam aber gleichmäßig: KLACK – KLACK, KLACK – KLACK…